"So ein Hund ist gar nicht so groß anders als wir, wenn du überlegst."
Ich habe schon seit Ewigkeiten keine Album-Review mehr geschrieben. Also wirklich lange nicht. Es ist sehr zeitaufwendig eine solche Art von Artikel zu verfassen und neben Uni, Arbeit und Freizeitstress sind da auch noch die EPs und Singles, die quasi in Zeitraffer veröffentlicht werden, oft einfach nur um der nächste Streaming-Star zu werden. Demnach bleibt oft keine Zeit für ein aufwendigeres Review, das auch drei Tage nach der Veröffentlichung noch Relevanz hat.
OG Keemo beweist mir, und allen Musikliebenden, da etwas Anderes. Sein Release letzte Woche hat mich quasi dazu gezwungen, eine Review zu schreiben. Mit „Mann Beisst Hund“ veröffentlicht er zusammen mit Funkvater Frank keine Platte, sondern ein durchdachtes Kunstwerk, das von Qualität strotzt. Ich war beim ersten Mal Hören so geflasht, dass jetzt einfach eine Review hermusste.
Seit der Veröffentlichung am Freitag lief bei mir nichts Anderes als das neue OG Keemo Album. Ab dem ersten Track ist man gefesselt und muss jeden einzelnen Track bis zum Schluss durchhören. Wenn ihr es also so richtig als die Gesamtkunst, die es ist, wahrnehmen wollt, dann nehmt euch auch wirklich Zeit dafür. So ist das Album konzipiert worden und auch die Intention der Künstler. Nehmt euch das also zu Herzen und bitte, bitte, bitte kommt nicht auf die Idee, die die Tracks auf Shuffle zu hören (!!1!1)! Denn das Album ist quasi ein Film, der innerhalb der 17 Tracks abgespielt wird und beginnt mit einem szenischen Einstieg. Durch die enthaltenen Skits wird man mit dem roten Faden des Albums durch dessen Geschichte geführt. Ihr müsst also wirklich zuhören und verstehen, was Keemo euch zu erzählen hat.
Wie gesagt, der erste Track zieht schon in den Bann und beginnt die Geschichte des Albums zu beschreiben. Mit einem szenischen Aufbau berichtet Keemo von Begegnungen, die im Verlauf der Geschichte eine tragende Rolle spielen. Hier trifft er nämlich auf Malik und Yasha, die wir einerseits bereits kennen (Malik aus dem gleichnamigen Song), über die wir aber im Verlauf der Geschichte noch mehr erfahren werden.
In den Skits, aufgenommen von Jens Baumgart, wird ein Dialog gespannt. „Hund Skit“ und „Mann Skit“ erzählen von der Rolle des Menschen, bzw des Mannes oder auch des Mannes als Hund, in der Welt. „So 'n Hund ist gar nicht so groß anders als wir, wenn du überlegst.“ und „Du kannst dir deine Rolle nicht aussuchen, weißt du, wie ich mein'? Hund sucht sich nicht aus, als Hund geboren zu werden“, wird von Malik erzählt.
So sind Karim Martin aka OG Keemo, Malik und Yasha auf der Reise durch das Album und nehmen uns mit. Ich möchte gar nicht so sehr ins Detail gehen, was den Inhalt betrifft, um Spoiler möglichst zu vermeiden. Denn das Album wird regelrecht durch das Trommelfell hin auf die Stirn als Film projiziert, der wie gesagt möglichst am Stück durgesehen wird. Wenn man genau hinhört, sind auch ein paar "Eastereggs" und Referenzen auf den Songs versteckt, die will ich euch aber nicht vorwegnehmen!
Musikalisch ist das Album ebenso ein Gesamtkunstwerk wie inhaltlich. Zwischen Boombap und ballernden 808s wie in „Big Boy“, der eigentlich schon fast zwei Tracks bildet, oder „Suplex“, findet man auch sanfte Bässe und Pianostücke mit RnB gehalt, wie in „2009“ oder „Petrichor“.
Obwohl diese teils radikale Mischung von Stimmungslagen auf dem Album vorkommt, ist der Übergang so entsprechend gewählt, dass sie einfach zueinander passen. Man hat beim Zuhören einfach das Gefühl, die Tracks haben schon immer so existiert, waren bereits im Vorhinein von der Natur so gegeben und Keemo und Funkvater haben sie dann einfah genauso vertont.
Ich denke der Hauptgrund, warum ich so geflasht bin von dem Album ist der Gedanke, dass so ein bildhaftes Kunstwerk aus der Gedankenwelt von ein paar Menschen entstanden ist. „Duh, Johanna, was sonst??“ denkst du dir jetzt vielleicht. Aber die enorme Menge an Kreativität, die dafür erforderlich ist, um so etwas zu kreieren ist für mich fast schon überwältigend.
Dass OG Keemo sich rund zwei Jahre seit seinem Debütalbum „Geist“ von 2019 Zeit genommen hat, um an „Mann Beisst Hund“ zu arbeiten ist sicher ein großer Faktor, der zu der Brillanz des Konzeptalbums beigetragen hat. Neben der Hektik, die oft in der Musikwelt zu spüren ist, zeigt sich die lange Arbeit an der Platte nun jedoch sehr und lohnt sich außerordentlich. Auch dass sein Label Chimperator ihm die benötigte Zeit gegeben hat, um alles so umzusetzen wie erforderlich, ist heutzutage sicherlich nicht üblich und verdient schon ein kleines Hut-Ziehen.
Auch die Featuregäste Sumpa, Gianni Suave und Kwam.E wurden treffend für die Stimmung der einzelnen Songs gewählt. Die sanfte, eindrucksvolle Stimme von Sumpa leitet den Track „Petrichor“ willkommen ein und schmiegt sich zwischen die Synthies und Klavierklänge. Gianni Suave rappt neben Keemo auf „Ziller“ mit Groove die Hook, die jedoch nur einmal für ein paar Sekunden in dem Track zu hören ist, dennoch zu reichlich Kopfnicken verleitet.
Kwam.E's ist dabei das einzige Feature auf dem Album, bei dem der Künstler auch im Titel genannt wird (zumindest wenn man den Song streamt). Im vorletzten Track namens „Blanko“ ist er zu Gast und rappt auf der Hook, sowie auch seinen eigenen Part in gewohntem Flow. Der Track war vielen schon bekannt, da er bereits im Vorhinein released wurde, passt sich durch den Platz im Album jedoch der Stimmung an und ergibt ein treffenderes Bild als nur als Single alleine.
Der Schluss des Albums gestaltet sich wieder als szenischer Ausstieg aus der Geschichte, die Keemo und Funkvater uns innerhalb der 53 Minuten und 14 Sekunden geschildert haben. Es bildet regelrecht das „Und wenn sie nicht gestorben sind...“ des Albums, das uns wieder zurück in die Realität holt.
Abschließend, was kann ich noch sagen. Es ist mir schwergefallen, hier irgendwelche „objektiven Fakten“ über das Album zu bringen. Eine Review über ein solches Gesanktkunstwerk ist eben mit Emotion und Begeisterung behaftet und das möchte ich euch auch so vermitteln. Am besten ist aber noch immer, ihr hört selbst rein. Das Album habe ich natürlich gleich hier verlinkt, also nehmt euch eine Stunde eures Tages Zeit und hört wirklich aktiv zu (ich kanns garnicht oft genug betonen, uff).
Danke jedenfalls fürs Lesen! Wenn du bis hierhin gekommen bist heißt das, dir hat die review immerhin ein bisschen gefallen und das freut mich, thank you <3 Mich würde es sehr interessieren, was du selbst über das Album denkst. Unter diesem Arktikel findest du eine Kommentarspalte, wo du gerne deine Gedanken lassen kannst, ich würde mich sehr freuen, darüber zu lesen :)
Bis Bald <3
Top 5 Deutschrap Album aller Zeiten.
wird einfach Album des Jahres